Die Kanalinseln Jersey und Guernsey mit ihren vielen kleinen Nachbarinseln stellen in vielerlei Hinsicht ein Kuriosum dar. Sie liegen im Ärmelkanal, dicht vor der Küste Frankreichs. Sie sind jedoch direkte Besitzungen der britischen Krone und verfügen damit über einen staatsrechtlich einzigartigen Status: Das Bailiwick of Jersey und das Bailiwick of Guernsey sind nicht Teil des Vereinigten Königreichs, sie sind auch keine Kolonien, sondern Besitztümer des Königshauses.
Damit sind die Kanalinseln politisch weitgehend unabhängig vom Vereinigten Königreich, obwohl der britische König Staatsoberhaupt ist und seinen eigenen ständigen Stellvertreter auf den Bailiwicks sowie den Parlaments- und Gerichtspräsidenten benennt. Diese Unabhängigkeit hat dazu geführt, dass die beiden Bailiwicks Jersey und Guernsey sich zu Steueroasen entwickelt haben: Sie erheben nur geringe Einkommenssteuern und punkten mit einem starken Bankgeheimnis.
Auch Unternehmenssteuern fallen auf den Kanalinseln deutlich geringer aus als anderswo. Vor diesem Hintergrund stellt sich vielen Menschen die Frage, ob es möglich ist, ein Konto auf den Kanalinseln zu eröffnen. Der vorliegende Beitrag soll dieser Frage nachgehen.
Inhaltsverzeichnis
Warum ist eine Kontoeröffnung auf den Kanalinseln so begehrt?
Die Gründe für die Beliebtheit von Konten auf den Kanalinseln wurden bereits angedeutet: Es handelt sich sowohl bei Jersey als auch bei Guernsey um Steueroasen, die darüber hinaus ein starkes Bankgeheimnis bieten. In der Konsequenz bedeutet das, dass es äußerst attraktiv ist, Gelder, die anderswo einer höheren Besteuerung unterliegen würden, auf die Kanalinseln umzuleiten. So ist es möglich, Steuern zu sparen. Insbesondere für Unternehmen ist das sehr attraktiv: Die Körperschaftssteuer beträgt sowohl auf Jersey als auch auf Guernsey in den meisten Fällen null Prozent – was effektiv bedeutet, dass Unternehmen auf ihr Einkommen keine Steuern bezahlen müssen.
Zum Vergleich: In Deutschland wird das Einkommen juristischer Personen mit fünfzehn Prozent besteuert. Auch Privatpersonen profitieren von niedrigen Steuern auf Jersey und Guernsey. So fallen dort etwa keine Kapitalertrags-, Erbschafts- oder Schenkungssteuer an. In der Konsequenz bedeutet das, dass auch wohlhabende Privatpersonen unter gewissen Umständen davon profitieren können, ihr Geld von den Kanalinseln aus zu verwalten. Doch dafür benötigen sie ein Konto bei einer dort ansässigen Bank.

Welche Voraussetzungen für ein Konto auf den Kanalinseln gibt es?
Dass es nicht allzu leicht ist, zu einem solchen Bankkonto zu kommen, wissen all jene, die einmal versucht haben, Informationen über die auf den Kanalinseln ansässigen Banken zu erhalten. Wer durch Jerseys Hauptstadt St. Helier flaniert, wird schnell bemerken, dass sich dort über ganze Straßenzüge hinweg Bank an Bank reiht. Kaum irgendwo in Europa ist die Bankendichte so hoch wie auf Jersey. Doch Normalsterbliche haben es schwer, Geschäftsbeziehungen mit den Geldhäusern auf den Kanalinseln einzugehen.
Für Privatpersonen schreiben die meisten Banken einen Wohnsitz oder eine Arbeitsstelle auf Jersey oder Guernsey als Voraussetzung für die Eröffnung eines Bankkontos vor. Gesetzlich geregelt ist das jedoch nicht. So verfügen die Banken über einen großen Entscheidungsspielraum bei der Frage, wem sie die Eröffnung eines Bankkontos ermöglichen und wem sie diese verwehren. Erfahrungsgemäß steigen die Chancen, ohne Wohnsitz oder Arbeitsplatz auf den Kanalinseln ein Konto eröffnen zu können, mit dem finanziellen Polster, das mitgebracht wird. Die Banken auf den Kanalinseln arbeiten schließlich profitorientiert und sind insbesondere an wohlhabender Kundschaft interessiert.
Darüber hinaus lassen sich Bankkonten auf den Kanalinseln eröffnen, wenn dort eine Firma gegründet wird. Das ist jedoch nur unter bestimmten Bedingungen möglich. So müssen im Bailiwick of Jersey etwa all jene, die eine Firma gründen möchten, ohne dort ansässig zu sein, ein Arbeitsvisum sowie eine non-resident business licence erwerben, bevor sie eine Firma gründen und das damit verbundene Bankkonto eröffnen können.

Wie viele Deutsche besitzen ein Konto auf den Kanalinseln?
Trotz all dieser Hürden verfügen bereits zahlreiche Menschen aus Deutschland über Bankkonten auf den Kanalinseln. Im Jahr 2020 war das Bailiwick of Jersey die unter Deutschen beliebteste Steueroase weltweit. Insgesamt fast 181 Milliarden Euro parkten sie auf den Inseln. Erhoben werden diese Daten aufgrund eines automatischen Informationsaustauschs zwischen den Steuerbehörden der Länder.
Damit verbunden ist der Umstand, dass das Bankgeheimnis auch auf den Kanalinseln mittlerweile deutlich weniger streng gehandhabt wird als noch vor einigen Jahren. Im Rahmen diverser Steuerskandale weltweit ist der Druck auch auf die Kanalinseln gewachsen, zumindest ein wenig Transparenz herzustellen. Die Vorteile eines Kontos bei einer Bank auf den Kanalinseln haben sich damit ein wenig verringert.
Fazit
Abschließend lässt sich festhalten, dass es prinzipiell möglich ist, ein Konto auf den Kanalinseln zu eröffnen. Das ist jedoch mit diversen Hürden verbunden, die genommen werden müssen. Wer nicht über einen Wohnsitz oder Arbeitsplatz auf den Kanalinseln verfügt, muss eine Bank finden, die ihm oder ihr dennoch die Eröffnung eines Bankkontos gewährt. Möglich ist das meist nur für wohlhabende Personen, die bereit sind, große Geldbeträge auf den Kanalinseln anzulegen.