Das magische Sechseck der Wirtschaftspolitik
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Das magische Sechseck der Wirtschaftspolitik: Definition und Hintergründe

Die Politik kann auf vielfältige Art und Weise in das wirtschaftliche Geschehen eingreifen. Im Hintergrund steht dabei im wesentlichen immer die Frage: „Markt oder Staat“?. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um eine engagiertere Wirtschaftspolitik durch die Europäische Gemeinschaft ist es sinnvoll, Konzepte der Marktsteuerung etwas näher zu betrachten. Das „Magische Sechseck“ der Wirtschaftspolitik beschreibt sechs Parameter politischen Handelns, die bei der Formulierung von staatlichen Maßnahmen und Regelungen Orientierung bieten sollen.

Für die Akteure am Markt ist es jederzeit notwendig, den Zustand der Ökonomie und das administrative Handeln zu beachten, um somit das Marktgeschehen zu bewerten und Entscheidungen besser begründen zu können.

Magisches Sechseck der Wirtschaftspolitik: Grundlegende Informationen

Das Magische Sechseck hat allerdings bereits eine Geschichte vorzuweisen. Alles begann im Jahre 1967 mit der Formulierung des Stabilitätsgesetzes. Vier wesentliche Ziele wurden für die deutsche Wirtschaft definiert, und die Politik sollte mit entsprechenden Maßnahmen zum Erreichen dieser Ziele beitragen. Als damals noch „Magisches Viereck“ wurden essentielle Komponenten der Wirtschaft bezeichnet, die maßgeblich sein sollten für das wirtschaftspolitische Agieren. Es handelt sich um nichts weniger als vier Säulen des Selbstverständnisses der Bundesrepublik – nämlich um Freiheit und Gerechtigkeit, Sicherheit und Wohlstand.

Mit der Zeit kamen zwei weitere gesellschaftliche Werte hinzu, die von der Politik durch ihr Handeln garantiert und gefördert werden sollen. 1994 wurde der Erhalt einer gesunden Umwelt ins Grundgesetz aufgenommen, um der zunehmenden Umweltverschmutzung entgegen zu treten. Damit gehört auch eine lebenswerte Umwelt zu den wesentlichen Zielen der Politik. Angesichts der zunehmend größeren Einkommensunterschiede innerhalb der Bevölkerung zählt mittlerweile auch eine gerechtere Einkommens- und Vermögensverteilung zu der damit auf ein Sechseck angewachsenen Prinzipiensammlung.

Niedrige Arbeitslosigkeit, wenn möglich Vollbeschäftigung

Dieses erste Ziel soll den Wohlstand möglichst weiter Teile der Bevölkerung sichern. Vollbeschäftigung wurde in der Bundesrepublik zuletzt in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erreicht.Um aber dem Ziel Gerechtigkeit möglichst nahe zu kommen, muss die Zahl der Arbeitslosen möglichst niedrig gehalten werden. Bei einer Arbeitslosenqoute von drei Prozent gilt dieses Ziel bereits als erreicht, so die aktuelle Auffassung. Im Jahr 2018 konnten die Behörden immerhin eine Arbeitslosenquote von fünf Prozent vermelden. Seit der Zeit der Wiedervereinigung war dies der niedrigste Wert. Im Anschluss an die Krise im Jahr 2008 war die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik sogar zweistellig.

Wachstum und Entwicklung

Für die langfristige Stabilität eines jeden Landes ist das stetige Wachsen seiner Wirtschaft eine zwingende Voraussetzung. So wird garantiert, dass Menschen in Arbeit sind und bleiben, Waren erwerben und am Jahresende ihre Steuern entrichten können. Der Handel ist auf den Erhalt dieses Kreislaufs zwingend angewiesen. Dabei kommt es darauf an, das Wachstum stetig und angemessen verlaufen zu lassen. Als unbedenklich angesehen wird ein Ansteigen der Wirtschaftsleistung um maximal fünf Prozent in jedem Jahr. Den tatsächlichen Wohlstand kann man aber aus dem Wachstum nicht ablesen, weil Schwarzarbeit und andere Faktoren Einfluss auf das Ergebnis nehmen.

Unbedingt zu vermeiden sind sprunghafte Entwicklungen in der Ökonomie. Solche Situationen sind oft durch Mangel oder übertriebene Erwartung entstanden, die auch oft direkt aufeinander folgen. Ausgelöst durch Missernten, Kriege oder Unruhen entstehen Überangebote oder eine erhöhte Nachfrage, die zu Maximalpreisen führen oder zu einem Stagnieren der Wirtschaft. Nur allmählich und meist durch die Unterstützung des Staates und seiner Institutionen findet die Wirtschaft dann wieder ein normales Maß. Durch Zinssenkungen, steuerliche Veränderungen, Zölle und andere Instrumente kann die Wirtschaft unterstützt und wieder stabilisiert werden.

Wirtschaftspolitik
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Denn die einzelnen Bestandteile der Wirtschaft sind eng miteinander verbunden. Sinken die Beschäftigungszahlen, geben auch die Preise nach. Dass außenwirtschaftliche Gleichgewicht kann in Gefahr geraten, und ein anfänglicher Boom wird schnell zu einer ernsten Krise. Aber auch ein zu schwaches Wachstum ist langfristig nachteilig für das Wirtschaftsleben. Beide Extreme können durch Eingriffe des Gemeinwesens verhindert oder zumindest gelindert werden. Besonders die Steuerpolitik ist hier ein probates Mittel. Mit einem Absenken der Steuern werden Wirtschaft oder Konsum gefördert, ein Anheben Steuersätze senkt die Aktivität.

Ein weiteres Ziel: Stabile Preise

Bei einer hohen Inflation sinkt der Konsum, weil viele sich durch die Teuerung bestimmte Waren nicht mehr leisten können.Für die Wirtschaft sind solche Entwicklungen eine große Gefahr, denn auch die Investoren werden vorsichtig. Denn bei nachlassendem Konsum sinken auch die Gewinne der Unternehmen. Stabile Preise sind ein wesentliches Element einer funktionierenden Marktwirtschaft. Der soziale Frieden wird so nachhaltig gesichert, Anschaffungen sind möglich und der Wert der Investitionen bleibt erhalten. Voraussetzungen sind unter anderem angemessene Lohnabschlüsse in den Tarifverhandlungen.

Aber auch die Geldpolitik beeinflusst die ökonomische Aktivität und wird von den Zentralbanken mit voller Absicht für die Steuerung der Wirtschaft eingesetzt. Denn mit einer Anhebung des Leitzinses wird die Wirtschaft gebremst, mit einer Senkung stimuliert. In einer Krisensituation wie der jetzigen – gekennzeichnet sowohl durch einen Angebots- wie auch einen Nachfragemangel – angesichts der Virusproblematik hat die FED in den USA die Zinsen gesenkt, um die Wirtschaft zu unterstützen und eine Rezession zu verhindern.

Als einen idealen Zustand einer gesunden Volkswirtschaft bezeichnet man im allgemeinen eine Inflation von ungefähr zwei Prozent. Steigt die Teuerung über diesen Wert, erhöht die Zentralbank des jeweiligen Landes den Leitzins. So verteuern sich Investitionen, und die Wirtschaftsleistung und der Konsum nehmen ab. Geschähe dies nicht, würden die Preise in ungeahnte Höhen steigen, mit dem Resultat, dass mit der Zeit eine Panik entsteht, Vorsicht überwiegt und die Preise schließlich verfallen. Und am Ende sind die Märkte komplett verunsichert, es droht eine Rezession.

Das Gleichgewicht in der Außenwirtschaft

Importiert ein Land Güter und Dienstleistungen in der selben Höhe, in der es exportiert, spricht man von einem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht. Die Außenbeitragsquote gibt über das Verhältnis genaue Auskunft. Um diese Kennziffer zu erhalten, werden alle Importe von den gesamten Exporten abgezogen, und das Ergebnis wird durch das BIP, das Bruttosozialprodukt, geteilt.Den Prozentwert erhält man wie üblich durch die Multiplikation mit 100. Deutschland ist bekannt für seine Exportorientierung. Zwar sollen nach dem Stabilitätsgesetz die genannten Wirtschaftsziele auf gleiche Weise berücksichtigt werden.

gleichgewicht in der außenwirtschaft
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Die Dominanz des Exports in der Bundesrepublik führt aber zu einer höheren Bedeutung des Außenhandels für die Gesamtökonomie. Durch Zölle wird das Verhältnis von Einfuhr und Ausfuhr reguliert. Export-Zölle bewirken, dass Waren im Land bleiben, Import-Zölle beschränken die Einfuhr. Beides wirkt sich aber negativ auf die Beschäftigung und das Wachstum der Gesamtwirtschaft aus, zwei anderen Prinzipien der sechs Vorgaben zur Wirtschaftspolitik. Exportiert ein Land besonders viele Erzeugnisse ins Ausland, steigt seine Währung.

Das liegt daran, dass die Produkte jeweils in der Landeswährung bezahlt werden. Kauft ein Unternehmen aus den USA eine Maschine in Deutschland, muss es Dollar in Euro tauschen. Bei einem hohen Exportaufkommen steigt die Nachfrage nach Euro, folglich steigt der Kurs der Währung.

Magisches Sechseck der Wirtschaftspolitik: Der Umweltschutz

Gerade beim Umweltschutz zeigt sich das Konfliktpotential der sechs Maximen der Wirtschaftspolitik. Die industrielle Entwicklung ist wesentlich durch den Abbau von Ressourcen gekennzeichnet. Wer etwas herstellt, braucht zunächst Material, das er verarbeiten kann. Damit ist aber fast immer eine Zerstörung der natürlichen Grundlagen verbunden. Stärkt man nun den Umweltschutz, geht dies fast immer auf Kosten der Produktion. Und wenn die Wirtschaftsleistung sinkt, kann sich auch der Wohlstand verringern. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass ein geringeres Wachstum die Folge ist.

Die Einkommensverteilung

Von der Vollbeschäftigung als einem wichtigen Ziel der Wirtschaftspolitik war bereits die Rede.In den letzten Jahren ist durch die Globalisierung und die Automatisierung ein neues Problem aufgetreten, dass als sechsten Ziel in den Prinzipienkanon aufgenommen wurde. Denn nicht nur der Grad der Beschäftigung ist für den Wohlstand der Bevölkerung bestimmend. Hinzu kommt die Lohnentwicklung. Wenn weite Teile der Bevölkerung mit prekären Beschäftigungsverhältnissen zufrieden sein müssen, wird das Wohlstandsversprechen auch bei Vollbeschäftigung nicht mehr ausreichend eingelöst.

Deshalb ist nicht mehr nur der Stand der Arbeitslosigkeit ein Indikator für den Zustand der Wirtschaft, sondern auch die Lohnentwicklung. Besondere Beachtung findet deshalb auch immer wieder der Durchschnittslohn, wenn die Wirtschaftsentwicklung bewertet werden soll. Denn nur hohe Löhne garantieren, dass die Einkommensverteilung als gleichmäßig und verträglich angesehen werden kann.

Konflikte zwischen den Maximen im magischen Sechseck der Wirtschaftspolitik

Die Frage, welche Wirtschaftspolitik unter diesen Voraussetzungen die richtige ist, kann nur von Fall zu Fall entschieden werden. Gleichzeitig alle sechs Ziele auf die selbe Weise zu fördern, wird nicht möglich sein. Immer wieder ist auch in Wirtschaftsfragen die Politik auf der Suche nach dem fairen Kompromiss. Und am Ende bleibt ihr oft mangels Alternative keine andere Möglichkeit, als das „kleinere Übel“ zu wählen.

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