Liquiditätsbedarf: Definition und Erklärung

economag.de Redaktion
konsumschulden

Betriebe müssen wirtschaftlich arbeiten, um mit ihrem Unternehmen Erfolg zu haben. Deshalb sind die Verantwortlichen maßgeblich daran interessiert, hohe Umsätze zu erwirtschaften. Auf der anderen Seite sorgt eine solide Liquidität dafür, dass ein Unternehmen seine eigenen Zahlungsverpflichtungen erfüllen und notwendige Investitionen tätigen kann. Um die Solvenz des Unternehmens sicherzustellen, gehört es zu den Aufgaben eines Unternehmers, den Liquiditätsbedarf zu ermitteln.

Die Bestimmung des Liquiditätsbedarfs anhand der Liquiditätsgrade

Der Liquiditätsbedarf lässt sich anhand einzelner Liquiditätsgrade feststellen. Der Liquiditätsgrad ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl. Die für die Ermittlung des Liquiditätsbedarfs erforderlichen Informationen bekommt der Unternehmer aus seiner Bilanz. Damit er genaue Kenntnisse über die eigene Zahlungsfähigkeit gewinnt, wird die Ermittlung des Liquiditätsbedarfs auf den folgenden drei Ebenen vorgenommen.

Liquidität 1. Grades

Bei der Liquidität 1. Grades werden alle flüssigen Mittel des Unternehmens betrachtet und ins Verhältnis zu den Schulden gesetzt, die kurzfristig getilgt werden können. Der Unternehmer kann dann von einer guten Zahlungsfähigkeit ausgehen, wenn die Kennzahl einen Wert von über 50% hat. Die Formel zur Berechnung der Liquidität 1. Grades lautet:

  • (flüssige Mittel / kurzfristige Schulden) * 100%

Mit den flüssigen Mitteln sind die Geldmittel gemeint, die dem Unternehmen sofort zur Verfügung stehen. Hierzu gehören das Bargeld, das Bankguthaben und Schecks. Die Unternehmensschulden werden in der Bilanz durch die Verbindlichkeiten dargestellt. Als kurzfristig gelten die Verbindlichkeiten, die innerhalb eines Jahres getilgt werden. Dies betrifft i.d.R. die offenen Rechnungen und Schulden, die gegenüber dem Finanzamt bestehen.

1. Beispiel:

Die Y KG hat in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2019 einen Kassenbestand von 130 EUR. Das Bankguthaben beträgt 3.070 EUR. Auf der Passivseite werden die folgenden Verbindlichkeiten ausgewiesen:

  • Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten: 1.000 EUR
  • Umsatzsteuerabschlusszahlung: 90 EUR
  • Gewerbesteuerrückstellung: 2.010 EUR

Die flüssigen Mittel betragen insgesamt 3.200 EUR. Die kurzfristigen Schulden sehen wie folgt aus:

  • 1.000 EUR + 90 EUR + 2.010 EUR = 3.100 EUR

Die Liquidität 1. Grades errechnet sich wie folgt:

  • (3.200 EUR / 3.100 EUR) x 100% = 103,23%

Die Liquidität 1. Grades liegt über 100%. Damit ist der Liquiditätsbedarf gedeckt.

Liquidität 2. Grades

Die Liquidität 2. Grades ist aussagekräftiger als die Ermittlung des Liquiditätsbedarfs auf der vorherigen Ebene. Zu den kurzfristigen Mitteln werden die kurzfristigen Forderungen addiert. Die Summe wird ins Verhältnis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gesetzt.

  • (flüssige Mittel + kurzfristige Forderungen) / kurzfristige Verbindlichkeiten * 100 %

Die kurzfristigen Forderungen setzen sich aus den Forderungen zusammen, die innerhalb eines Jahres beglichen werden. Kann ein Unternehmen mit der Rückzahlung eines Steuerüberhangs rechnen, wird dieser auch zu den kurzfristigen Forderungen gerechnet. Für die Berechnung der Liquidität 2. Grades ist folgende Formel anzuwenden:

2. Beispiel:

Das 1. Beispiel wird fortgesetzt. In der Bilanz der Y-KG werden Kundenforderungen in Höhe von 200 EUR ausgewiesen. Außerdem erwartet die KG die Rückzahlung eines Gewerbesteuerüberhangs von 300 EUR für das Vorjahr. Abweichend von Beispiel 1 beträgt die Gewerbesteuerrückstellung hier 4.000 EUR. Die flüssigen Mittel betragen wie im 1. Beispiel 3.200 EUR. Die kurzfristigen Forderungen werden in der Bilanz mit 500 EUR ausgewiesen. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten setzen sich wie folgt zusammen:

  • 1.000 EUR + 90 EUR + 4.000 EUR = 5.090 EUR

Die Liquidität 2. Grades ermittelt sich wie folgt:

  • (3.200 EUR + 500 EUR) / 5.090 EUR x 100% = 72,69%

Der Liquiditätsbedarf ist geringer als im 1. Beispiel. Da sich ein Wert von über 50% ergibt, ist die Y-KG aber immer noch solvent.

Liquidität 3. Grades

Zur Ermittlung der Liquidität 3. Grades wird das Umlaufvermögen aus der Bilanz ins Verhältnis zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gesetzt. Für die Ermittlung des Liquiditätsbedarfs auf dieser Ebene wird die folgende Formel angewendet:

  • (Umlaufvermögen / kurzfristige Verbindlichkeiten) x 100%

Das Umlaufvermögen setzt sich aus den Vorräten, den Forderungen und den liquiden Mitteln zusammen.

3. Beispiel:

Das 2. Beispiel wird fortgesetzt. Die Vorräte des Unternehmens wurden mit 2.000 EUR in der Bilanz erfasst. Die Liquidität 3. Grades ermittelt sich wie folgt:

  • (2.000 EUR + 3.200 + 500 EUR) / 5.090 EUR = 111,98%

Wird das Umlaufvermögen in Beziehung zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gesetzt, zeigt sich dass das Unternehmen über einen guten Liquiditätsbedarf verfügt.

Liquiditätsbedarf: Das Fazit

Der Liquiditätsbedarf gibt dem Unternehmer Auskunft über die Zahlungsfähigkeit seines Unternehmens. Die Ermittlung des Liquiditätsbedarfs findet auf drei Stufen statt. Umso mehr Bilanzpositionen in die Ermittlung einbezogen werden, umso solventer ist das Unternehmen.

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  • lovelyday12/shutterstock.com
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